Immer heißere Sommer in Deutschland und steigende Kosten im Inland halten viele nicht davon ab, ihre Urlaubszeit weiterhin im Ausland zu verbringen. Trotz zunehmender Klimaveränderungen und wachsender Diskussionen über Nachhaltigkeit bleibt die Reise in südliche Regionen Europas sowie nach Nordafrika für viele Deutsche die bevorzugte Option. Eine aktuelle Auswertung der Stiftung für Zukunftsfragen zeigt detailliert, wie sich das Reiseverhalten verändert – oder auch nicht – und welche Länder dabei besonders profitieren. Parallel offenbart eine separate Untersuchung die enormen Unterschiede bei Investitionen in die Bahninfrastruktur in Europa.
Besonders auffällig sind folgende Punkte:
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36 % der Haupturlaube 2024 wurden in Deutschland verbracht – Tendenz fallend.
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Spanien (9 %), Italien (7 %) und die Türkei (6 %) folgen auf den nächsten Plätzen.
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Reisen nach Ägypten und in andere außereuropäische Länder nehmen weiter zu.
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Deutschland liegt bei Investitionen ins Schienennetz mit 115 Euro pro Kopf deutlich hinter Luxemburg (512 €) und der Schweiz (477 €).
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Die durchschnittlichen Tageskosten im Urlaub unterscheiden sich kaum – die Gesamtausgaben hingegen schon deutlich.
Urlaub in Ägypten statt an der Nordsee
Immer mehr Deutsche kehren dem Inland den Rücken. Beispielhaft steht Thomas (Name geändert), ein Berufskraftfahrer, der seit 2021 mit seiner Familie jährlich nach Ägypten reist. Zuvor urlaubten sie innerhalb Deutschlands – doch das wurde ihnen zu teuer. „Das bekomme ich für das Geld auf Juist oder Amrum nicht“, sagt er.
Ein Blick auf die Statistik bestätigt diesen Eindruck. Laut Deutscher Tourismusanalyse 2025 entfielen 36 % der Haupturlaube im Jahr 2024 auf Deutschland. Im Jahr 2020, als Auslandsreisen pandemiebedingt stark eingeschränkt waren, waren es noch 56 %. Der aktuelle Wert von 29 %, den sich laut Umfrage nur noch so wenige für 2025 vorstellen, markiert einen historischen Tiefpunkt.
Im Gegensatz dazu lagen Spanien (9 %), Italien (7 %) und die Türkei (6 %) auf den nächsten Plätzen. Besonders beliebte Fernreiseziele außerhalb Europas sind Nordafrika und Asien.
Kostenstruktur - Inland nicht unbedingt günstiger
Ein zentrales Argument für den Urlaub im Ausland bleibt der Preis. Zwar schwanken die Tagesausgaben pro Person kaum zwischen den beliebtesten Reisezielen:
Land | Tageskosten pro Person |
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Deutschland | 117 € |
Spanien | 114 € |
Türkei | 117 € |
Italien | 119 € |
Deutlich wird der Unterschied bei den Gesamtkosten der Reise:
Land | Durchschnittskosten pro Person |
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Deutschland | 1.060 € |
Italien | 1.449 € |
Türkei | 1.613 € |
Spanien | 1.843 € |
Der Haupturlaub dauerte im Durchschnitt 12,6 Tage. Die Gesamtkosten ergeben sich aus der Addition aller Ausgaben: An- und Abreise, Unterkunft, Verpflegung, Freizeitaktivitäten, Souvenirs und mehr. 3.000 Personen im Alter zwischen 18 und 74 Jahren wurden dazu repräsentativ befragt.
DRV-Sprecher Torsten Schäfer warnt jedoch vor pauschalen Vergleichen: „Ein All-Inclusive-Urlaub in der Türkei lässt sich kaum mit einem Ferienhaus an der Ostsee vergleichen.“ Dennoch bleibt der subjektive Eindruck bestehen, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis im Süden oft als günstiger wahrgenommen wird.
Deutsche Bahn-Investitionen im europäischen Vergleich
Parallel zum Rückgang des Inlandstourismus bleibt Deutschland auch bei Bahn-Investitionen zurück. Laut einer Auswertung der Pro-Kopf-Ausgaben für das Schienennetz im Jahr 2023 ergibt sich folgendes Bild:
Land | Investitionen pro Kopf |
---|---|
Luxemburg | 512 € |
Schweiz | 477 € |
Österreich | 336 € |
Schweden | 277 € |
Norwegen | 276 € |
Großbritannien | 215 € |
Niederlande | 174 € |
Tschechien | 139 € |
Dänemark | 133 € |
Deutschland | 115 € |
Belgien | 101 € |
Italien | 92 € |
Spanien | 70 € |
Frankreich | 51 € |
Deutschland belegt mit 115 € nur den elften Platz unter den 14 verglichenen Ländern. Im direkten Vergleich zu Spitzenreitern wie Luxemburg oder der Schweiz beträgt die Differenz fast das Fünffache. Das wirft Fragen hinsichtlich der Prioritäten der Verkehrspolitik auf – vor allem angesichts wachsender Debatten um klimafreundliche Mobilität und nachhaltigen Tourismus.
Fernreisen gewinnen an Bedeutung
Die Zahl der Fernreisen steigt deutlich. Während 2009 nur 10 % der Reisen der Deutschen außerhalb Europas stattfanden, lag dieser Wert 2024 bereits bei 16 %. Besonders beliebt sind hier Reiseziele in Nordafrika und Asien.
Der Wunsch nach Sonne, Freiheit und fremden Kulturen ist tief verankert, erklärt Tourismusforscher Jürgen Kagelmann. Die Lust am Süden habe sich in den 1950er-Jahren entwickelt und halte sich bis heute. Neue Trends wie der sogenannte „Coolcation“-Urlaub in Skandinavien spielen bislang nur eine untergeordnete Rolle.
Der Süden bleibt Sehnsuchtsort
Trotz Klimakrise, steigender Temperaturen und wachsender Kosten bleibt der Süden für viele Deutsche das Traumziel. 71 % der Befragten planen 2025 ihren Haupturlaub im Ausland. Nur 29 % wollen diesen in Deutschland verbringen – ein historisches Tief.
Stabile Wetterverhältnisse, kulturelle Vielfalt und günstige Pauschalangebote machen den Mittelmeerraum weiterhin attraktiv. Der Tourismus bleibt dabei stark von eingefahrenen Gewohnheiten geprägt – und von Entscheidungen, die weniger ökologisch als ökonomisch motiviert sind.
Quelle: Reise Reporter