Kinderärzte empfehlen Impfschutz gegen Grippe
Kinderärzte empfehlen Impfschutz gegen Grippe, Foto: Pexels/Pexels-Lizenz

Die Grippesaison steht bevor, doch die Diskussion über Impfempfehlungen läuft bereits auf Hochtouren. Während die Ständige Impfkommission (STIKO) derzeit keine Impfung für gesunde Kinder ohne Vorerkrankungen empfiehlt, fordert eine Expertengruppe, diese Praxis zu überdenken. Die Kommission für Infektionskrankheiten und Impffragen im Bündnis Kinder- und Jugendgesundheit drängt darauf, alle Kinder in die Empfehlung aufzunehmen.

Inhaltsverzeichnis:

Hans-Iko Huppertz und die aktuelle Forderung

Der Kinderarzt und Infektiologe Hans-Iko Huppertz gehört zu den führenden Stimmen in der Debatte. Er betont, dass gesunde Kinder oft schwerer an der Grippe erkranken als Erwachsene. Nach Daten des Robert Koch-Instituts treten hohe Erkrankungsraten besonders bei Kindern unter zehn Jahren auf. Erst danach sinkt die Inzidenz deutlich.

Die Experten sehen Handlungsbedarf. In Deutschland wird die Grippeimpfung derzeit für folgende Gruppen empfohlen:

  1. Personen über 60 Jahre
  2. Schwangere
  3. Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen
  4. Beschäftigte in Pflegeheimen, Kliniken oder im Kontakt mit Wildvögeln

Auch Kinder ohne bekannte Risikofaktoren könnten schwer erkranken und müssten teils im Krankenhaus behandelt werden.

Rolle von STIKO und Gemeinsamen Bundesausschuss

Die Empfehlungen der STIKO haben großen Einfluss. Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) legt auf ihrer Basis fest, welche Impfungen von Krankenkassen übernommen werden. Aktuell übernimmt die Kasse die Kosten für Kinder nur bei medizinischer Notwendigkeit.

 STIKO und GBA entscheiden über Impfkosten für Kinder
STIKO und GBA entscheiden über Impfkosten für Kinder, Foto: Pixabay/Pixabay-Lizenz

Doch laut Huppertz sollte man auch Menschen einbeziehen, die regelmäßig mit Kindern arbeiten. Dazu zählen Lehrkräfte, Kita-Personal und Betreuungskräfte. „Man könnte die Menschen, die mit Kindern arbeiten, das heißt, die sich bei Kindern anstecken können und auch das Virus auf die Kinder übertragen können, impfen“, erklärt er.

In anderen Ländern, etwa in den USA, ist die Kinderimpfung längst Standard. Eine Untersuchung der Jahre 2015 bis 2020 zeigt: Kinder, die jährlich gegen Grippe geimpft wurden, erkrankten seltener und weniger schwer.

Ein Überblick über ähnliche gesundheitliche Entwicklungen findet sich auch in der Analyse zu Virusinfektionen und ihren Auswirkungen.

Belastung für Kinderarztpraxen

Kritiker befürchten, eine Impfpflicht für gesunde Kinder könne Praxen überlasten. Kinderarzt Jakob Maske aus Berlin sieht das anders. Er erklärt, dass die Arbeitsbelastung kaum steigen würde. „Wenn diese Vorstellungen durch eine Impfung wegfallen würden, tauschen wir quasi nur Termine miteinander aus.“

Laut Maske könnten sich dadurch sogar Vorteile ergeben. Weniger akute Grippefälle würden die Praxen entlasten. Das komme auch Krankenhäusern zugute, die im Winter regelmäßig an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen.

Zur besseren Einordnung saisonaler Gesundheitsrisiken lohnt sich ein Blick auf den Beitrag über weltweite Gesundheitsprognosen.

Nasenspray als Alternative für Kinder

Eine kindgerechte Impfoption steht bereits zur Verfügung. In der EU ist ein Impfstoff zugelassen, der Kindern ab zwei Jahren per Nasenspray verabreicht werden kann. Es handelt sich um einen Lebendimpfstoff, der bei Kindern mit geschwächtem Immunsystem nicht eingesetzt werden darf.

Kinderarzt Maske berichtet über positive Erfahrungen: „Da war die Resonanz sehr gut, weil auch der Pieks und die Spritze an sich bei Kindern eine Angst auslöse.“ Die Kommission fordert, dass diese Methode wieder breiter verfügbar wird.

Momentan wird das Nasenspray nur in Ausnahmefällen von Krankenkassen bezahlt – etwa bei einer diagnostizierten Spritzenphobie. Diese Regelung kritisiert Huppertz: Sie beruhe auf ökonomischen und nicht auf medizinischen Gründen, da das Nasenspray teurer sei als die Spritze.

Wer mehr über gesundheitsbewusste Lebensweisen erfahren möchte, findet ergänzende Informationen unter gesunde Ernährung im Alter.

Ausblick auf neue Empfehlungen

Die STIKO prüft derzeit die Studienlage zur Kinderimpfung. Die Ergebnisse sollen im kommenden Jahr veröffentlicht werden. Damit könnten sich die Empfehlungen in Deutschland bald ändern. Die Entscheidung dürfte weitreichende Folgen für Familien, Ärzte und Gesundheitseinrichtungen haben.

Bis dahin bleibt die Diskussion offen. Ob gesunde Kinder künftig routinemäßig geimpft werden, hängt von den kommenden wissenschaftlichen Bewertungen und politischen Entscheidungen ab.

Quelle: Tagesschau