Frühe medizinische Eingriffe können langfristige Folgen haben, wie eine neue finnische Studie zeigt. Forscher der Universität Oulu haben umfassende Daten von mehr als 33.000 Kleinkindern ausgewertet. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Antibiotika in den ersten zwei Lebensjahren das Risiko für Übergewicht und Adipositas deutlich erhöhen können.
Inhaltsverzeichnis:
- Datenanalyse der Universität Oulu zeigt deutliche Zusammenhänge
- Auswirkungen auf die Darmflora bei Kleinkindern
- Frühzeitige Antibiotikagabe als sensibler Risikofaktor
- Antibiotikaeinsatz bei Kindern nur bei klarer Notwendigkeit
Datenanalyse der Universität Oulu zeigt deutliche Zusammenhänge
Ein Team um Sofia Ainonen von der Universität Oulu untersuchte den Einfluss von Antibiotikagaben in verschiedenen Zeiträumen. Sie werteten Daten von Kindern aus, die vaginal geboren wurden, und berücksichtigten mehrere Faktoren wie mütterlichen Body-Mass-Index, sozioökonomischen Status und Rauchverhalten. Nur die Antibiotikagabe in den ersten 24 Monaten war eindeutig mit einem höheren Body-Mass-Index und einem gesteigerten Risiko für Übergewicht verbunden.
Wichtige Ergebnisse im Überblick:
- 68 Prozent der Kinder erhielten in den ersten beiden Jahren mindestens einmal Antibiotika.
- Das Risiko für Übergewicht war um 9 Prozent höher.
- Das Risiko für Adipositas stieg um 20 Prozent.
- Antibiotika während Schwangerschaft oder Geburt hatten keinen vergleichbaren Effekt.
- Die Forscher verwendeten lineare Mixed-Modelle und Cox-Regressionen zur genauen Bestimmung der Risiken.
Auswirkungen auf die Darmflora bei Kleinkindern
Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass Antibiotika die Entwicklung der Darmflora empfindlich stören können. Diese Mikroorganismen steuern den Stoffwechsel und sind entscheidend für die Energieverwertung im Körper. Veränderungen in der bakteriellen Besiedlung könnten dazu führen, dass mehr Energie gespeichert wird, was langfristig zu Übergewicht führen kann.
Sofia Ainonen warnte, dass Ärzte Antibiotika bei Kleinkindern mit großer Vorsicht verschreiben sollten. Besonders bei Infektionen der oberen Atemwege sei Zurückhaltung geboten. Unnötige Verschreibungen könnten weitreichende gesundheitliche Folgen nach sich ziehen.
Frühzeitige Antibiotikagabe als sensibler Risikofaktor
Frühere Studien lieferten gemischte Ergebnisse, doch die finnische Untersuchung stärkt die Hypothese, dass die ersten zwei Lebensjahre eine besonders kritische Phase darstellen.
Vergleichende Studien:
- Eine US-Studie von 2016 fand keinen klaren Zusammenhang.
- Eine italienische Untersuchung aus 2024 zeigte eine deutliche Dosis-Wirkungs-Beziehung.
- Die aktuelle finnische Studie belegt erneut die besondere Bedeutung der frühen Lebensphase.
Weltweit sind laut Weltgesundheitsorganisation bereits über 159 Millionen Kinder und Jugendliche von Adipositas betroffen. Präventive Maßnahmen in der frühen Kindheit könnten helfen, diese Zahl in Zukunft zu senken.
Antibiotikaeinsatz bei Kindern nur bei klarer Notwendigkeit
Die Forscher der Universität Oulu empfehlen klare Richtlinien für den Antibiotikaeinsatz im Säuglings- und Kleinkindalter. Antibiotika sollten nur verabreicht werden, wenn sie medizinisch zwingend erforderlich sind, etwa bei schweren bakteriellen Infektionen.
Zusammengefasst:
- Antibiotika in den ersten zwei Jahren erhöhen das Risiko für Übergewicht signifikant.
- Antibiotikagabe während Schwangerschaft oder Geburt hat keine vergleichbare Wirkung.
- Der bewusste und zurückhaltende Umgang mit Antibiotika könnte spätere Gesundheitsprobleme verhindern.
Quelle: FOCUS