Familienpolitik
Familienpolitik, Foto: pixabay

Die neue schwarz-rote Bundesregierung stellt ihre familienpolitischen Vorhaben vor. Sie verspricht höhere finanzielle Unterstützung, weniger Bürokratie und stärkeren Schutz für Eltern. Doch viele Maßnahmen hängen von der Finanzierung ab. Einige Projekte wurden bereits konkretisiert, andere bleiben vage oder werden in spätere Legislaturperioden verschoben. Besonders betroffen sind Themen wie Elterngeld, Kinderarmut, Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie der Ausbau von Bildungs- und Betreuungseinrichtungen.

Inhaltsverzeichnis:

Elterngeldreform mit Änderungen für Pflegeeltern und Väter

Das Elterngeld soll zum ersten Mal seit 2007 erhöht werden. Der derzeitige Mindestsatz von 300 Euro und der Höchstsatz von 1.800 Euro sollen „spürbar“ steigen. Auch die Einkommensgrenze wird angepasst, sodass mehr Eltern anspruchsberechtigt sind. Neu ist: Pflegeeltern erhalten erstmals Zugang zu Elterngeld.

Gleichzeitig plant die Regierung neue Anreize zur Beteiligung von Vätern. Dies soll über höhere Lohnersatzraten und geänderte Bezugsmonate gelingen. Ziel ist eine partnerschaftlichere Aufteilung der Elternzeit. Sollte ein Elternteil deutlich länger Elternzeit nehmen als der andere, könnten künftig Einschränkungen folgen. Ob dies zu tatsächlichen Einsparungen führt, bleibt offen.

Die Maßnahme ist kostspielig. Das Elterngeld macht mit rund 8 Milliarden Euro jährlich den größten Posten im Haushalt des Familienministeriums aus. Das SPD-Wahlversprechen einer bezahlten „Familienstartzeit“ für Väter in den ersten zwei Wochen nach der Geburt fehlt im Koalitionsvertrag. Auch die Ampel-Regierung war zuvor an der Finanzierung dieses Vorhabens gescheitert.

Kampf gegen Kinderarmut mit digitalen Hilfen und neuen Regeln für Alleinerziehende

Kinderarmut soll verringert werden – durch gezielte Entlastungen. Familien, die Bürgergeld beziehen, könnten bald mehr Unterstützung für Freizeitaktivitäten ihrer Kinder erhalten. Der monatliche Teilhabebetrag für Musik- oder Sportangebote soll von 15 auf 20 Euro steigen.

Ein kostenloses Mittagessen für alle Kinder in Kitas und Schulen, wie von der SPD gefordert, wird nicht eingeführt. Die Union setzte sich hier durch. Einigkeit herrscht allerdings bei der Vereinfachung staatlicher Leistungen: Elterngeld, Kinderzuschlag und andere Förderungen sollen digital beantragt werden können. Ein neues Online-Portal ist in Planung. Die automatische Zustellung des Kindergeldbescheids nach der Geburt ist ebenfalls vorgesehen.

Alleinerziehende sollen durch eine Reform des Unterhaltsvorschusses profitieren. Das Kindergeld soll nur noch zur Hälfte angerechnet werden. Zusätzlich plant die Regierung eine Erhöhung des Entlastungsbetrags. Wer keinen Unterhalt zahlt, soll härter bestraft werden – etwa durch Führerscheinentzug.

Union und SPD planen flexiblere Arbeitszeiten und Mutterschutz für Selbstständige

Die Arbeitszeit soll flexibler werden, um Familie und Beruf besser zu vereinbaren. Statt einer täglichen Höchstarbeitszeit ist künftig eine wöchentliche Regelung möglich. Die konkrete Ausgestaltung bleibt offen. Gewerkschaften kritisieren diese Pläne deutlich. Sie warnen vor Ausbeutung und einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen.

Selbstständige Frauen sollen erstmals gesetzlichen Mutterschutz erhalten. Wie das finanziert werden kann, ist unklar. Vorgeschlagen werden umlagefinanzierte Modelle.

Ausbau von Kitas und Schulen bleibt zentrales Ziel – Finanzierung unklar

Der bundesweite Anspruch auf Ganztagsbetreuung in Grundschulen ab 2026 bleibt bestehen. Kommunen erhalten dabei mehr Spielraum. Auch freie Träger der Jugendarbeit sollen in die Umsetzung eingebunden werden. Investitionsmittel sollen steigen – doch genaue Zahlen fehlen.

Neue Kitas und Schulen sollen gebaut und bestehende saniert werden. Dafür sollen Gelder aus dem Sondervermögen von 500 Milliarden Euro bereitgestellt werden. Doch der Mangel an pädagogischem Personal bleibt ein ungelöstes Problem. Die Regierung plant, internationale Fachkräfte schneller anzuwerben und die duale Ausbildung für Erzieherinnen einzuführen.

Zudem wird ein Qualitätsentwicklungsgesetz vorbereitet. Es soll das bisherige Kita-Qualitätsgesetz ersetzen und Maßnahmen zur Sprach- und Entwicklungsförderung bei Kindern ab vier Jahren bundesweit einführen. Der Bund stellt hierfür bis 2026 rund 8 Milliarden Euro zur Verfügung. Ob eine Anschlussfinanzierung erfolgt, ist offen.

Keine Änderung bei Schwangerschaftsabbrüchen – mehr Unterstützung für ungewollt Schwangere

Paragraf 218 bleibt unverändert. Die SPD konnte sich mit der Forderung nach Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs nicht durchsetzen. Ein Kompromiss wurde gefunden: Die Kostenübernahme für Verhütungsmittel durch die gesetzliche Krankenversicherung soll ausgeweitet werden.

Frauen bis zum 24. Lebensjahr könnten damit weiterhin kostenlos Zugang zu ärztlich verschriebenen Verhütungsmitteln erhalten. Ungewollt kinderlose Paare werden durch die Bundesinitiative „Hilfe und Unterstützung bei ungewollter Kinderlosigkeit“ weiter gefördert. Eine Ausweitung des Programms ist geplant.

Neuer Schutz für Frauen vor Gewalt und strengere Maßnahmen für Täter

Ein nationaler Aktionsplan gegen geschlechtsspezifische Gewalt wird entwickelt. Die Arbeit der Koordinierungsstelle für Gewaltprävention soll gestärkt werden. Täter sollen künftig Anti-Gewalt-Trainings absolvieren müssen.

Zudem ist die Einführung elektronischer Fußfesseln für Gewalttäter vorgesehen. Geflüchtete Frauen, die Opfer häuslicher Gewalt wurden, sollen leichter den Wohnort wechseln können. Das Ziel: mehr Schutz und Unabhängigkeit.

Selbstbestimmungsgesetz bleibt bis 2026 in Kraft – Evaluierung geplant

Das Selbstbestimmungsgesetz der vorherigen Regierung bleibt vorerst unangetastet. Eine Evaluierung ist bis Juli 2026 vorgesehen. Dabei wird besonders auf Kinder und Jugendliche geachtet. Die Nachverfolgbarkeit von Personen bei Namensänderungen soll sichergestellt bleiben.

Die Union hatte eine Abschaffung des Gesetzes gefordert, konnte sich aber nicht durchsetzen. Im Koalitionsvertrag taucht das Wort „queer“ nur zweimal auf. Der von der Ampel geplante „Aktionsplan Queer leben“ wird nicht erwähnt.

Überblick der wichtigsten Maßnahmen

  • Anhebung des Elterngeldes und neue Regelungen für Pflegeeltern
  • Teilhabebetrag für Kinder soll auf 20 Euro steigen
  • Digitale Antragstellung über zentrales Online-Portal
  • Flexibilisierung der Arbeitszeitmodelle
  • Ausbau und Sanierung von Kitas und Schulen
  • Verpflichtende Sprachstanddiagnostik für Vierjährige
  • Unterhaltsvorschuss und Kindergeld neu geregelt
  • Schutzmaßnahmen bei häuslicher Gewalt verschärft
  • Mutterschutzrecht für Selbstständige geplant
  • Unveränderte Rechtslage bei Schwangerschaftsabbrüchen

Obwohl viele Maßnahmen ambitioniert wirken, bleibt ihre Umsetzung vom Bundeshaushalt abhängig. Mehrere Projekte erfordern gesetzliche Anpassungen und ausreichende Finanzierung, um langfristig Wirkung zu entfalten.

Quelle: Tagesschau